Konservatismus
Conservare = lat. bewahren, und zwar aus konservativer Sicht Bewahrung des Bewährten. Der Konservatismus betrachtete ursprünglich den Staat als etwas Individuelles, organisch Gewachsenes, das nach Auffassung des 18. bzw. frühen 19. Jahrhunderts nicht nach einem (z.B. liberalen) Schema verändert werden darf.
Reformen ja („konservative Reform“), aber langsam und ohne Bruch mit den konservativen Grundsätzen und Werten; es geht bei konservativen Reformen mehr um eine Neuinterpretation der Grundsätze und um eine Anpassung des Überkommenen an neue Verhältnisse.
Konservative Werte: Familie, Religion, Tradition, Herkommen, Brauch, Heimat sind wichtige Werte. Der Konservatismus grenzt sich ab einerseits gegen Reaktionäre, die lediglich am Alten festhängen oder dahin zurückgehen wollen, ohne neue Entwicklungen und objektiv veränderte Verhältnisse berücksichtigen zu wollen. Andererseits ist er gegen jeden Radikalismus und Extremismus.
Als Individuum kennt der Konservative eine Privatsphäre, in der er möglichst autonom, also selbstbestimmt, handelt. Die sozialistische Vorstellung einer umfassenden und vollständigen Politisierung des Lebens bis in den allerletzten Winkel des Privaten hinein ist ihm ein Gräuel.
Anpassung an die Entwicklung
Im 19. Jh. war der Konservatismus zunächst gegen Aufklärung, Rationalismus, Liberalismus, anfangs auch gegen den die herkömmliche Ordnung umstürzenden Nationalismus, gegen letzteren spätestens seit der Reichsgründung 1871 aber nicht mehr. In der ersten Hälfte des 19. Jhs. Orientierung am vorsichtig reformierten Absolutismus, aber zunehmend mit Zugeständnissen an Nationalismus und Verfassungsbestrebungen (z.B. allgemeines Wahlrecht) und soziale Bewegung (Bismarcks Sozialgesetzgebung).
In der ersten Hälfte des 20. Jhs. Anpassung an die Verhältnisse: ausgebauter Sozialstaat, bei Betonung der oben genannten Werte. Gegnerschaft insbesondere zum revolutionären Sozialismus, aber auch zum Rechtsradikalismus, Rechtsextremismus, Faschismus und Nationalsozialismus. Es gab aber auch aus machtpolitischen und anderen Gründen zeitweise eine Zusammenarbeit mit dem Nationalsozialismus bis hinauf zum Papst. Mehr oder minder starke Orientierung an der Monarchie des Kaiserreiches zur Zeit der Weimarer Republik.
Nach dem Zweiten Weltkrieg Bekenntnis zur liberalen Verfassung (Grundgesetz), zur Republik, zur nationalen Einigung, zu einem „Europa der Vaterländer“, zur Sozialen Marktwirtschaft.
Im 21. Jahrhundert gehört der Verfassungsliberalismus etwa des Grundgesetzes zum Kernbestand des Konservatismus. Der Konservatismus wehrt sich gegen das woke Auf-den-Kopf-stellen aller herkömmlichen gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse, gegen die Abschaffung von Volk und Nation, gegen die Abschaffung der nationalen Souveränität zugunsten supranationaler Organisationen wie EU oder UNO und gegen einen neuen, woken, linken, grünen und bunten Totalitarismus.